· 

Entscheidungen im Erbrecht im Jahr 2019


Wie in jedem Jahr sind auch auf dem Gebiet des Erbrechts im Jahr 2019 zahlreiche Entscheidungen ergangen. Diese vollständig darzustellen ist nicht möglich. Die nachfolgende Zusammenstellung ist der Versuch, einen Überblick über wichtige und durchaus relevante Entscheidungen im Erbrecht zu geben. Die nachfolgende Zusammenstellung ist entnommen aus DVEV, Aktuelle Gerichtsentscheidungen, einsehbar unter https://www.erbrecht.de/Ratsuchende/Gerichtsentscheidungen/

 

Die den Überschriften folgende Texte sind Leitsätze der Gerichte. 


Hier eine erste Übersicht zu den Entscheidungen:

  • Mitwirkung beider Ehegatten bei Widerruf eines gemeinsamen Ehegattentestaments
  • Nachlasspflegschaft zur Durchsetzung eines Auseinandersetzungsanspruchs
  • Haftung eines Erben nach versäumter Wohnungskündigung
  • Kein Recht des Erben zur Klageerzwingung
  • Verlust eines Testaments: U.U genügt die Vorlage eines Testaments als eingescannte Bilddatei
Kosten der Nachlassbeschwerde
  • Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs
  • Quotenloser Erbscheinsantrag
  • Anlage in einem offenen Immobilienfonds als mündelsichere Geldanlage
  • Voraussetzungen und Abwägungskriterien bei Stundung eines Pflichtteils
  • Auslegung des Begriffs „gleichzeitiges Ableben“ in einem gemeinschaftlichen Testament
  • Keine Zustimmung des Ersatznacherben bei Vereinbarung zwischen Vorerben und Nacherben
  • Die Verfügung eines Vorerben sich selbst gegenüber ohne Zustimmung des Nacherben
  • Einsichtsrecht eines Miterben ins Grundbuch
  • Kein Akteneinsichtsrecht für Erbenermittler
  • Wirksame Vertretung des Nacherben durch den Vorerben
  • Kein Schadensersatzanspruch des Erben des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer wegen Auszahlung an bezugsberechtigte Person
  • Keine Nachbesserung des Kaufpreises wegen alsbaldigem Tod des Verkäufers bei Veräußerung mit Wohnrecht und Pflegeverpflichtung
  • Auslegung: Erbeinsetzung, Auswahl- oder Hausratsvermächtnis
  • Recht der Erben auf Einsicht in die vom Verstorbenen in die iCloud hochgeladene Daten
  • Kein Schadensersatz wegen Lebenserhaltung durch künstliche Ernährung
  • Testament auf einem nicht datierten Notizzettel zugunsten einer nicht namentlich bezeichneten Person
  • Kein Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Geschenk an fortgefallenen Abkömmling
  • Sittenwidrigkeit der Erbeinsetzung unter der aufschiebenden Bedingung der Erfüllung einer Besuchspflicht 
  • Pflichtteilsentziehung wegen eines Diebstahls
  • Ausschlagungsfrist bei Auslandsaufenthalt
  • Auslegung bei Anordnung der Vorerbschaft

Mitwirkung beider Ehegatten bei Widerruf eines gemeinsamen Ehegattentestaments


  1. Der Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen in einem Ehegattentestament durch Vernichtung der Urkunde setzt voraus, dass beide Ehegatten mit Testier- und Widerrufswillen an der Vernichtung der Urkunde mitgewirkt haben.


  2. An den diesbezüglichen Nachweis sind hohe Anforderungen zu stellen. Er setzt insbesondere voraus, dass die Möglichkeit, dass ein Ehegatte die Urkunde ohne Kenntnis und Mitwirkung des anderen vernichtet hat, ausgeschlossen werden kann.


Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 31.10.2019, Aktenzeichen 31 Wx 398/17

 

 

Nachlasspflegschaft zur Durchsetzung eines Auseinandersetzungsanspruchs


Richtet sich der Auseinandersetzungsanspruch gemäß § 2042 BGB gegen einen Nachlass, kann zu dessen Geltendmachung gemäß § 1961 BGB ein Nachlasspfleger zu bestellen sein; dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Mitglied einer Erbengemeinschaft verstirbt und dessen Erben unbekannt sind.



 

Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 23.10.2019, Aktenzeichen 1 W 26/19

 

 

Haftung eines Erben nach versäumter Wohnungskündigung


  1. Unterlässt der nach § 564 Satz 1, § 1922 Abs. 1 BGB in das Mietverhältnis eingetretene Erbe dieses nach § 564 Satz 2 BGB außerordentlich zu kündigen, liegt allein hierin keine Verwaltungsmaßnahme, welche die nach Ablauf dieser Kündigungsfrist fällig werdenden Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis zu Nachlasserbenschulden bzw. Eigenverbindlichkeiten werden lässt, für die der Erbe – auch – persönlich haftet.
  2. 

Eine persönliche Haftung tritt jedoch etwa dann ein, wenn der Erbe nach wirksamer Beendigung des Mietverhältnisses seiner (fälligen) Pflicht aus § 546 Abs. 1, § 985 BGB zur Räumung und Herausgabe der Mietsache nicht nachkommt.



 

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.09.2019, Aktenzeichen VIII ZR 138/18 – L

 

 

Kein Recht des Erben zur Klageerzwingung


Der Erbe eines durch ein Vermögens- oder Eigentumsdelikt Geschädigten ist nicht unmittelbar Verletzter. Er ist auch nicht berechtigt, das von dem Erblasser durch Strafanzeige in Gang gesetzte Verfahren mit einem Klageerzwingungsantrag fortzusetzen.

 


Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 24.09.2019, Aktenzeichen 4 Ws 193/19

 

 

Verlust eines Testaments: U.U genügt die Vorlage eines Testaments als eingescannte Bilddatei


Der Ausdruck einer elektronisch gespeicherten Testamentskopie kann (ausnahmsweise) zum Nachweis des Erbrechts ausreichen

.

 

Beschluss des OLG Brandenburg vom 05.09.2019, Az: 3 W 79/18

 

 

Kosten der Nachlassbeschwerde


  1. Auch in einem Verfahren, das die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zum Gegenstand hat, kann es angemessen sein, die Kosten für ein in der Beschwerdeinstanz eingeholtes Sachverständigengutachten (hier: Klärung der Testierfähigkeit der Erblasserin) den Erben aufzuerlegen.
  2. 
Eine Auferlegung der Kosten zulasten der Erben setzt grundsätzlich voraus, dass diesen zuvor rechtliches Gehör gewährt worden ist. 

3. Steht zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts noch nicht fest, wer Erbe ist, ist für die unbekannten Erben ein Verfahrenspfleger zu bestellen. Der Verfahrenspfleger nimmt sodann das rechtliche Gehör für die Erben wahr.

 Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 27.08.2019, Aktenzeichen 31 Wx 235/17

 

 

Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs


  1. Die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 2325 Abs. 1 BGB für das Vorliegen einer Schenkung trägt grundsätzlich der Pflichtteilsberechtigte. Da dieser Schenkungsnachweis mit kaum überwindbaren Schwierigkeiten verbunden sein kann, trifft den Beschenkten als Anspruchsgegner eine erhöhte Darlegungslast. Er muss die für die fehlende Unentgeltlichkeit maßgeblichen Tatsachen im Wege des substanziierten Bestreitens der Unentgeltlichkeit vortragen.


  2. Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB erfordert nicht, dass der Gläubiger alle Einzelheiten der dem Anspruch zugrunde liegenden Umstände überblickt. Ausreichend ist vielmehr, dass der Gläubiger den Hergang in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet. Maßgeblich ist, ob der Gläubiger auf Grund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person Klage erheben kann, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen so viel Aussicht auf Erfolg hat, dass sie für ihn zumutbar ist. Dies gilt auch, wenn der Gläubiger zwar seinen Anspruch nicht abschließend beziffern kann, ihm aber die Erhebung einer Stufenklage zuzumuten ist.


Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 31.07.2019, Aktenzeichen 7 U 3222/18

 

 

Quotenloser Erbscheinsantrag


  1. Die Erteilung eines quotenlosen Erbscheins setzt voraus, dass alle in Betracht kommenden Miterben auf die Aufnahme der Erbteile in den Erbschein verzichten. Da ein Erbschaftsverkauf die Erbenstellung des Veräußerers unberührt lässt, ist auch dessen Verzichtserklärung für die erstrebte Erteilung erforderlich. 



Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 10.07.2019, Aktenzeichen 31 Wx 242/19

 

 

Anlage in einem offenen Immobilienfonds als mündelsichere Geldanlage


Hat der Erblasser die mündelsichere Anlage des Nachlasses angeordnet und zugleich bestimmt, dass aus der Anlage dem Erben laufende Erträge zukommen sollen, ist keine schuldhafte Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers bei Anlage im Jahr 2005 in einen offenen Immobilienfonds gegeben, u.a. da der Fonds zu diesem Zeitpunkt durch 53 Gerichtsentscheidungen als mündelsicher eingestuft worden ist. 



 

Urteil des Landgerichts Bremen vom 21.06.2019, Aktenzeichen 4 O 1796/17

 

 

Voraussetzungen und Abwägungskriterien bei Stundung eines Pflichtteils


  1. Gemäß § 2331a Abs. 1 BGB kann der Erbe Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs für den Erben wegen der Art der Nachlassgegenstände eine unbillige Härte wäre, insbesondere, wenn sie ihn zur Aufgabe des Familienheims oder zur Veräußerung eines Wirtschaftsguts zwingen würde, dass für den Erben und seine Familie die wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet. Die Interessen des Pflichtteilsberechtigten sind angemessen zu berücksichtigen.
  2.  
Das Familienheim muss dabei nicht schon zum Zeitpunkt des Erbfalls die Lebensgrundlage bilden.
  3. 
Bei der Stundung dürfen nicht nur die Interessen des Erben eine Rolle spielen. Die Interessen des Pflichtteilsberechtigten sind angemessen zu berücksichtigen, da sich im Todesfall sein Anspruch auf Teilhabe am Erbe realisiert.

4. Eine Stundung kommt nicht in Betracht, wenn absehbar ist, dass der Erbe auch durch Stundung nicht in die Lage versetzt wird, sich jemals die Mittel zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen.


Urteil des Oberlandesgerichts Rostock vom 20.06.2019, Aktenzeichen 3 U 32/17

 

 

Auslegung des Begriffs „gleichzeitiges Ableben“ in einem gemeinschaftlichen Testament


Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 19.06.2019, Aktenzeichen IV ZB 30/18

 

 

Keine Zustimmung des Ersatznacherben bei Vereinbarung zwischen Vorerben und Nacherben


Für eine Auseinandersetzungsvereinbarung zwischen dem Vorerben und dem Nacherben oder für ein Rechtsgeschäft zwischen dem Vor- und dem Nacherben, mit dem ein Erbschaftsgegenstand aus dem nacherbengebundenen Nachlass herausgenommen werden wird, bedarf es keiner Zustimmung der Ersatznacherben.

 


Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 14.06.2019, Aktenzeichen 34 Wx 434/18

 

 

Die Verfügung eines Vorerben sich selbst gegenüber ohne Zustimmung des Nacherben


Der Vorerbe kann die Zustimmung zu einer Verfügung sich selbst gegenüber nicht unter Berufung auf eine vom Erblasser erteilte Generalvollmacht namens des Nacherben erklären, wenn nicht der Nacherbe ihm gegenüber zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet ist.

 


Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 14.06.2019, Aktenzeichen 34 Wx 237/18

 

 

Einsichtsrecht eines Miterben ins Grundbuch


  1. Ein Miterbe kann ein berechtigtes Interesse an umfassender Grundbucheinsicht in ein früher dem Erblasser gehörendes Grundstück haben, wenn Ausgleichsansprüche gegen einen Miterben nach § 2050 ff. BGB in Betracht kommen.
  2. 

Zur Klärung von Ausgleichspflichten nach §§ 2050 ff. BGB sind dem Miterben Auszüge aus den Grundakten zu erteilen, wenn nicht die schutzwürdigen Interessen des eingetragenen Eigentümers überwiegen.



Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 11.06.2019, Aktenzeichen 1 W 41/19

 

 

Kein Akteneinsichtsrecht für Erbenermittler



Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 11.06.2019, Aktenzeichen 19 W 46/19

 

 

Wirksame Vertretung des Nacherben durch den Vorerben


Der von dem Erblasser trans- oder postmortal bevollmächtigte Vorerbe kann auch den Nacherben wirksam vertreten, ohne den Verfügungsbeschränkungen der §§ 2112, 2113 BGB unterworfen zu sein. 



 

Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29.05.2019, Aktenzeichen 8 W 160/19

 

 

Kein Schadensersatzanspruch des Erben des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer wegen Auszahlung an bezugsberechtigte Person


Der Erbe des Versicherungsnehmers hat gegen den Versicherer, der nach dem Todesfall die Versicherungsleistung an die in der Lebensversicherung für den Todesfall des Versicherungsnehmers begünstigte Person auszahlt, jedenfalls dann keinen Schadensersatzanspruch, wenn aus Sicht des Versicherers kein offenkundiger Mangel des Valutaverhältnisses erkennbar ist, insbesondere wenn nicht bekannt ist, welcher Rechtsnatur das Valutaverhältnis ist.



 

Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.05.2019, Aktenzeichen 3 O 452/18

 

 

Keine Nachbesserung des Kaufpreises wegen alsbaldigem Tod des Verkäufers bei Veräußerung mit Wohnrecht und Pflegeverpflichtung


Vereinbaren die Vertragsparteien bei einer Grundstücksübertragung ein Wohnrecht des Veräußerers und eine Pflegepflicht der Erwerberin, gibt der Tod des Veräußerers nur wenige Wochen nach Vertragsschluss für sich genommen weder Anlass für eine ergänzende Vertragsauslegung noch für eine Anpassung des Vertrags nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Sinne eines Zahlungsanspruchs der Erben des Veräußerers als Ausgleich für das infolge des Todes gegenstandslos gewordene Wohnrecht und die Pflegeverpflichtung.

 



Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. vom 06.05.2019, Aktenzeichen 8 W 13/19

 

 

Auslegung: Erbeinsetzung, Auswahl- oder Hausratsvermächtnis


Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 06.05.2019, Aktenzeichen 3 W 16/19

 

 

Recht der Erben auf Einsicht in die vom Verstorbenen in die iCloud hochgeladene Daten


Urteil des Landgerichts Münster vom 16.04.2019, Aktenzeichen 14 O 565/18

 

 

Kein Schadensersatz wegen Lebenserhaltung durch künstliche Ernährung


  1. Das menschliche Leben ist ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. Das Urteil über seinen Wert steht keinem Dritten zu. Deshalb verbietet es sich, das Leben – auch ein leidensbehaftetes Weiterleben – als Schaden anzusehen. Aus dem durch lebenserhaltende Maßnahmen ermöglichten Weiterleben eines Patienten lässt sich daher ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld nicht herleiten.


  2. Schutzzweck etwaiger Aufklärungs- und Behandlungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen ist es nicht, wirtschaftliche Belastungen, die mit dem Weiterleben und den dem Leben anhaftenden krankheitsbedingten Leiden verbunden sind, zu verhindern. Insbesondere dienen diese Pflichten nicht dazu, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten.



Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02.04.2019, Aktenzeichen VI ZR 13/18 

 

 

Testament auf einem nicht datierten Notizzettel zugunsten einer nicht namentlich bezeichneten Person


  1. Auch in einem wenige Zentimeter großen handschriftlich beschriebenen Notizzettel kann grundsätzlich ein wirksames Testament liegen.


  2. Der Wirksamkeit eines „Notizzetteltestaments“ steht – wenn ein anderes Testament existiert – entgegen, dass der Notizzettel nicht datiert ist und sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit seiner Errichtung auch nicht anderweitig treffen lassen.
  3. 

Insbesondere bei einem Schriftstück, das nicht den für Testamente üblichen Gepflogenheiten entspricht, muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser es mit Testierwillen erstellt hat; bei verbleibenden Zweifeln findet die Vorschrift des § 2084 BGB keine Anwendung.


  4. Eine Erbeinsetzung desjenigen, „der für mich aufpasst und [mich] nicht ins Heim steckt“ ist nicht ausreichend bestimmt und daher nichtig.



Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 20.03.2019, Aktenzeichen 1 W 42/17

 

 

Kein Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Geschenk an fortgefallenen Abkömmling


  1. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nach §§ 2327 Abs. 1, Abs. 2, 2051 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass neben dem Pflichtteilsberechtigten mindestens ein Geschenk an einen Dritten erfolgte. Wurde außer dem fortgefallenen Abkömmling niemand beschenkt, kommt für den an dessen Stelle getretenen Abkömmling eine Ergänzung nicht in Betracht. 


  2. Die Erklärung, dass eine Zuwendung auf den Pflichtteil gemäß § 2315 Abs. 1 BGB anzurechnen ist, muss als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung vor oder bei der Zuwendung formlos erfolgen. Sie kann auch mündlich oder stillschweigend erklärt werden, muss aber so eindeutig sein, dass sie für den Pflichtteilsberechtigten vor oder bei Zuwendung als solche erkennbar ist.



Urteil des Oberlandesgerichts München vom 06.02.2019, Aktenzeichen 20 U 2354/18

 

 

Sittenwidrigkeit der Erbeinsetzung unter der aufschiebenden Bedingung der Erfüllung einer Besuchspflicht


Setzt ein Erblasser erbrechtliche Vermögensvorteile als Druckmittel für zu Lebzeiten durchzuführende Besuche seiner Enkelkinder ein, ist eine an die Besuchspflicht geknüpfte bedingte Erbeinsetzung der Enkel sittenwidrig und damit nichtig. Die Enkel sind unter Berücksichtigung des hypothetischen Willens des Erblassers auch ohne Erfüllung der Besuchspflicht Miterben.



 

Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. vom 05.02.2019, Aktenzeichen 20 W 98/18

 

 

Pflichtteilsentziehung wegen eines Diebstahls


  1. Ein Diebstahl von Bargeld in Höhe von 6.100 DM zum Nachteil des Erblassers kann geeignet sein, die Pflichtteilsentziehung wegen eines schweren vorsätzlichen Vergehens nach § 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu rechtfertigen.


  2. In dem Umstand, dass der Pflichtteilsberechtigte viele Jahre nach Begehung der Straftat in das auch von dem Erblasser bewohnte und diesem gehörende Haus einzieht und in diesem bis zum Erbfall wohnt, liegt nicht ohne Weiteres eine Verzeihung im Sinne von § 2337 BGB. 



Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24.01.2019, Aktenzeichen 19 U 80/18

 

 

Ausschlagungsfrist bei Auslandsaufenthalt


Ein Auslandsaufenthalt im Sinne des § 1944 Abs. 3 BGB liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn sich einer der beiden gesetzlichen Vertreter eines minderjährigen Erben bei dem Beginn der Frist lediglich für einige Stunden zu einem Tagesausflug im Ausland aufhält und planmäßig noch am selben Tag an seinen Wohnort im Inland zurückkehrt. 



 

Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.01.2019, Aktenzeichen IV ZB 20/18

 

 

Auslegung bei Anordnung der Vorerbschaft


  1. Allein aus dem Umstand, dass der Erblasser neben einem eigenen Kind auch das Kind des zweiten Ehegatten zum Nacherben bestimmt hat, lässt sich nicht der sichere Schluss auf eine Befreiung des zum Vorerben bestimmten anderen Ehegatten von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen ziehen.
  2. 

Der im Testament niedergelegte Wunsch des Erblassers, der Vorerbe möge noch lange leben, ist im Rahmen der Auslegung für sich genommen neutral und lässt nicht den Schluss auf eine Befreiung des Vorerben von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen zu.



Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 09.01.2019, Aktenzeichen 31 Wx 39/18